Diese Erfahrung hat auch der heute 37-jährige Leiter der bundesweiten aktiven Selbsthilfeinitiative "Parkinson in jedem Alter", Dennis Riehle (Konstanz), gemacht. Er hat die Diagnose des Parkinsons vor zwei Jahren erhalten und konnte bereits weit davor erste Anzeichen der Erkrankung feststellen: "Eigentlich ging es mit einem sehr unspezifischen Zittern der linken Hand los", erinnert sich der Psychologische Berater. "Und auch Geschmacks- und Riechstörungen habe ich anfangs festgestellt, eine herabgesetzte Sensibilität der Haut und unklare Verspannungen und Schmerzen in der Nacken- und Schultermuskulatur. Doch das war ja eher eine allgemeine Symptomatik, da dachte ja noch niemand an Parkinson". Riehle berichtet von einer langwierigen Diagnostik, da auch die Ärzte anfangs große Zweifel hatten, ob man so früh erkranken kann. "Obwohl dann mit 35 die Symptome offensichtlich waren und neben dem typischen Tremor, einer ausgeprägten Muskelsteifigkeit und einer psychomotorischen Verlangsamung auch die zunehmende Schwierigkeit, eine aufrechte Sitz- und Standhaltung halten zu können, mit sich brachten, mussten noch weitere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Erst nuklearmedizinische, neuroradiologische und klinische Untersuchungen lieferten dann die Nachweise. Bis dorthin war es aber eine Odyssee von einem Arzt zur nächsten Klinik", schildert der Journalist vom Bodensee, der heute nicht nur schwerbehindert und erwerbsunfähig, sondern auch pflegebedürftig ist.
"Natürlich hat diese Erkrankung die gesamte Lebensplanung durcheinandergebracht. Aber man ist gegen den Parkinson ja nicht ohnmächtig oder ihm völlig überlassen, wenngleich er Besitz vom Betroffenen und seinem Körper ergreift und ihn als Geisel nimmt. Durch Medikation und multimodale Therapiekonzepte gibt es viele Möglichkeiten, die Krankheit in Schach zu halten und sich ihr zumindest nicht widerstandslos auszuliefern. Zwar ist es jeden Tag ein Ringen, dass die Starre der Muskeln nicht die Oberhand über die Mobilität gewinnt. Und auch die Retardierung in den Bewegungs- und Denkabläufen ist sehr belastend. Wenn man sich mit knapp 40 schon rund dreißig Jahre älter fühlt, ist das auch eine psychische Herausforderung", sagt Dennis Riehle. "Glücklicherweise ist es aber wie bei jeder Krankheit: Je länger man mit ihr konfrontiert ist, umso besser lernt man sie kennen und einschätzen. Zwar hält sie jeden Morgen neue Überraschungen bereit, aber die Erfahrungswerte sind elementar, um auch in Notsituationen richtig zu reagieren. Beispielsweise bei den hypokinetischen Krisen, wenn der Körper derart steif ist, dass man nicht einmal mehr aus dem Bett kommt. Ebenso im Fall von starkem Zittern, das gerade in Stresssituationen besonders oft auftritt. Oder wenn man mit zunehmenden und überaus beeinträchtigenden Konzentrations-, Wortfindungs- und Gedächtnisstörungen zu tun hat", meint der gelernte Sozialberater, der sich heute für andere Betroffene und deren Angehörige engagiert: "Ich denke, es ist wichtig, eigene Krankheitsgeschichten und Konzepte zur Alltagsbewältigung weiterzugeben und Optimismus zu schenken, denn aussichtlos ist Parkinson für mich keinesfalls!".
Riehle gibt allerdings unumwunden zu, dass auch ihm manches Mal schwerfällt, zuversichtlich zu sein: "Natürlich habe ich mir etwas Anderes für mein Leben vorgestellt. Aber es nutzt nichts, sich mit dem zu befassen, was hätte sein können. Der Ist-Zustand ist weicht nun eben von dem ab, was ich mir gewünscht habe. Aber nicht nur meine Träume zerplatzen und ich stelle mich stets ins Verhältnis zu all dem Leiden und Elend in dieser Welt, das es eher zu beweinen gilt als meine gesundheitliche Verfassung. Aus ihr muss ich das Beste machen und versuchen, mit mentaler Resilienz dankbar für all das zu sein, was noch geht", befindet der Leiter der Selbsthilfeinitiative. "Disziplin ist nicht einfach in solch einer Situation, wenn jeder Schritt in Zeitlupe geschieht und schmerzhaft ist. Aber ich bin durch eine gute ärztliche Betreuung und die Einstellung mit Dopamin in der Lage, viele Bereiche des Daseins trotz der Krankheitslast zu genießen. Wenn ich beispielsweise auf die Gastroparese (inkomplette Magenlähmung) blicke, die mit der Erkrankung einhergeht, dann ist es nun einmal die Anpassung an veränderte Ernährungsgewohnheiten, die zwar anfangs viele Entbehrungen mit sich bringt, aber in Relation zu all den Übeln, die andere Menschen erdulden müssen, letztlich eine annehmbare Sache. Man muss wandlungsfähig und flexibel sein". Der Coach hat schon viele andere Patienten begleitet und weiß um deren Ängste - gerade dann, wenn sie in jungen Jahren erkranken: "Die Verzweiflung ist dann verständlicherweise groß, weil ein ganzes Kartenhaus zusammenbricht. Wenn wir aber den Blick verändern und nicht allein auf das schauen, was wir verlieren, sondern was bleibt, dann kann auch eine pragmatische Umgangsweise mit dieser zweifelsfrei schwierigen und komplexen Störung gelingen. Es braucht aber etwas Vertrauen in Wissenschaft, Forschung und Medizin, damit man nicht verzagt. Ich bin sicher, die Therapieoptionen werden noch besser, die Hilfen sind vielfältig", sagt Riehle abschließend.
Die Psychosoziale Mailberatung der Selbsthilfeinitiative ist kostenlos unter www.selbsthilfe-riehle.de erreichbar.